Sprach- und Kulturwandel: Althochdeutsch zu modernem Standarddeutsch



 KAPITEL IX      NB  12798  B                 Matthäus   13:15-27 



Das althochdeutsche Wort "forasagun" (Genitiv „forasagin“) ist eine Zusammensetzung aus den beiden Wörtern "fora" und "sagōn". "Fora" bedeutet "vorher, voraus". "Sagōn" bedeutet "sagen, verkünden". Zusammengesetzt bedeutet "forasagun" also "derjenige, der vorhersagt, derjenige, der verkündet, was kommt", ein „Wahrsager“.

Das Wort "sagōn" ist mit dem englischen Wort "say" verwandt. Es stammt aus der indogermanischen Wurzel *seg-, die "sagen, verkünden" bedeutet.

Da "forasagun" sich NUR auf ZUKÜNFTIGES bezieht und nicht die ganze Wortfülle des biblischen Begriffs wiedergeben kann, wurde es im 13. Jahrhundert durch das Wort "prophet" ersetzt. Das Wort "prophet" stammt aus dem Lateinischen, wo es "propheta" geschrieben wurde. Das lateinische Wort "propheta" wiederum stammt aus dem Griechischen, wo es "προφήτης" (prophḗtēs) geschrieben wurde. Das griechische Wort "prophḗtēs" bedeutet "Fürsprecher, Sendbote, Voraussager".

Das Wort "Prophet" hat sich im Laufe der Geschichte in seiner Bedeutung verändert. Im ursprünglichen Sinne bezeichnet es eine Person, die von Gott inspiriert wird und dessen Botschaften verkündet. Diese Botschaften können sich auf die Zukunft, die GEGENWART oder die VERGANGENHEIT beziehen. Sie können religiöse, politische oder ethische Inhalte haben.

Beispiel:  Mat 26:67,68 Darauf spuckten sie ihm ins Gesicht und schlugen ihn mit Fäusten. Andere ohrfeigten ihn und spotteten: „Prophezeie, Christus! Wer hat dich geschlagen?“ (Vergangenheit!)

FAZIT:

Bedeutungsentwicklung: Die Bedeutung von "forasagun" im Althochdeutschen ist auf die Vorhersage oder Verkündung zukünftiger Ereignisse fokussiert. Im Vergleich dazu hat sich das moderne Wort "Prophet" in seiner Bedeutung erweitert und kann Botschaften über die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft umfassen. Diese Erweiterung spiegelt möglicherweise die Vielschichtigkeit und den Wandlungsreichtum der prophetischen Rolle wider.

Sprachliche Veränderung: Die Ersetzung von "forasagun" durch das lateinische Wort "prophet" im 13. Jahrhundert zeigt, wie sich die Sprache im Laufe der Zeit ändert und wie fremde Begriffe übernommen werden, um spezifische Nuancen auszudrücken. Dieser Prozess prägt die sprachliche Entwicklung und den Wortschatz.

Kultureller Kontext: Die Verbindung zwischen "fora sagun" und "Prophet" verdeutlicht den kulturellen Einfluss, insbesondere durch lateinische und griechische Quellen. Es zeigt, wie kulturelle und sprachliche Elemente miteinander verschmelzen und neue Bedeutungen hervorbringen können.

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