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Es werden Posts vom November, 2023 angezeigt.

Die Ligatur "et" - der kalligrafische Fingerabdruck in den Mondseer Fragmenten

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      Die einzigartige  Ligatur "et" ist wie ein kalligrafischer Fingerabdruck in den Mondseer Fragmenten Das "&" -Symbol, das in den Mondseer Fragmenten verwendet wird, hat seinen Ursprung in der lateinischen Schrift, wo es sich aus der Ligatur der Buchstaben "e" und "t" entwickelte, was im Lateinischen "et" (und) bedeutet. Interessanterweise dient das " & " in den Mondeer Fragmenten dazu, die Buchstabenkombination "et" im Althochdeutschen darzustellen, wie beispielsweise in "b & ti" für "b et ti", "denk & " für "denk et "und "hab & " für "hab et ". Es wird jedoch nicht für das Wort "und" verwendet, das stattdessen immer mit "enti" ausgeschrieben wird. Die Besonderheit besteht darin, dass das "&"-Symbol in den Mondseer Fragmenten nicht als Abkürzung für das althochdeutsche "und" fungiert, so

Sprach- und Kulturwandel: Althochdeutsch zu modernem Standarddeutsch

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 KAPITEL IX      NB  12798  B                 Matthäus   13:15-27  Das althochdeutsche Wort "forasagun" (Genitiv „forasagin“) ist eine Zusammensetzung aus den beiden Wörtern "fora" und "sagōn". "Fora" bedeutet "vorher, voraus". "Sagōn" bedeutet "sagen, verkünden". Zusammengesetzt bedeutet "forasagun" also "derjenige, der vorhersagt, derjenige, der verkündet, was kommt", ein „Wahrsager“. Das Wort "sagōn" ist mit dem englischen Wort "say" verwandt. Es stammt aus der indogermanischen Wurzel *seg-, die "sagen, verkünden" bedeutet. Da "forasagun" sich NUR auf ZUKÜNFTIGES bezieht und nicht die ganze Wortfülle des biblischen Begriffs wiedergeben kann, wurde es im 13. Jahrhundert durch das Wort "prophet" ersetzt. Das Wort "prophet" stammt aus dem Lateinischen, wo es "propheta" geschrieben wurde. Das lateinische Wort "propheta"

Besteht ein Zusammenhang zwischen dem englischen "to speak" und dem deutschen "Sprechen" ?

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Besteht ein Zusammenhang zwischen dem englischen "to speak" und  dem deutschen "Sprechen"?   "Dieses Verb ist eine westgermanische "Spezialität", d. h. es ist weder im Ostgermanischen(Gotisch) noch in den nordgermanischen Sprachen anzutreffen. Der rekonstruierte Ansatz lautet für das Urwestgermanische *sprekan, woraus sich altsächsisch sprekan, altenglisch sprecan, altfriesisch spreka und althochdeutsch sprehhan entwickelt haben. Daneben gab es aber eine Dublette ohne /r/, die im altenglischen specan und im althochdeutschen spehhan vorliegt. Die Variante ohne /r/ ist wohl der Tendenz zuzuschreiben, den eher unbequemen "Cluster" /spr/ artikulatorisch zu vereinfachen > /sp/. Im Englischen überlebte bekanntlich nur die Dublette ohne /r/, neuenglisch to speak, auch im deverbalen Substantiv aengl. spræc > spæc [spæːtʃ] > neuengl. speech. In den übrigen westgermanischen Sprachen existiert hingegen nur noch die Variante mit /r/: Vgl. stan

Wie aus dem Doppel 'UU' der frühmittelalterlichen Schriften das heutige 'W' wurde

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Die Wandlung von 'UU' zu 'W': Aus der Sicht frühmittelalterlicher Schriften    Ein Beispiel hierfür liefert uns das Mondseer Matthäusevangelium.  Tauchen wir ein in die faszinierende Welt der frühmittelalterlichen Schriften, in denen das doppelte  'U U ' statt dem heutigen  'W' geschrieben wurde.     Entdecken wir, warum diese historische Schreibweise ein Einblick in die  Sprachentwicklung ist und wie  unsere heutige Buchstabenwelt entstanden ist. Matthäus 12:36, 37 Der Gebrauch von "UU" anstelle von "W" in frühmittelalterlichen Schriften hat seinen Ursprung in der Entwicklung der lateinischen Schrift. In der klassischen Antike existierte im Lateinischen kein eigener Buchstabe "W". Stattdessen wurde der Buchstabe "u" sowohl für den Vokalsound /u/ als auch für den Konsonantensound /w/ verwendet. Dies führte dazu, dass in Handschriften der römischen Zeit "UU" zur Darstellung des /w/-Lautes verwendet wurde.

Von 'Halota' zu 'Hallo': Die Sprachreise durch den Mondseer Matthäus

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  Einblicke in die Sprachgeschichte und den Ursprung des Grußes 'Hallo' In diesem Kapitel XIV, NB 12809 B des Mondseer Evangeliums, begegnen wir einem faszinierenden Moment, als Jesus stehen bleibt, zwei blinde Bettler ruft und sie fragt, was sie möchten. Doch hinter diesem Wunder Jesu verbirgt sich auch ein linguistisches Juwel: das althochdeutsche Wort "halota." In unserer Reise durch die Sprachgeschichte entdecken wir, wie dieses Wort, das einst "herbeirufen" bedeutete, im modernen Deutsch in Form des allseits bekannten "Hallo" überlebt hat. Tauchen Sie mit uns ein, um zu verstehen, wie aus einem einfachen Ausruf eine weitverbreitete Begrüßung wurde und wie die Wurzeln von "Hallo" bis zu Jesus' Aufruf in Matthäus zurückreichen. KAPITEL XIV           NB 12809 B        Matthäus 20:26-21:2             Da blieb Jesus stehen, rief (ahd. halota) sie und fragte: „Was möchtet ihr? Was soll ich für euch tun? Im Althochdeutschen wurde

Mondseer Matthäus und das deutsche Adverb "wo" mit anderen Adverbien verbunden

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Wenn das deutsche Adverb "wo" mit anderen Adverbien verbunden wird, erhält es ein "r", vgl. "worauf, worüber" etc. Woher kommt dieses "r"? Die Behauptung in der Frage trifft nur zu, wenn das zweite Glied der Komposition einen vokalischen Anlaut aufweist, also worauf, aber wogegen. Das /r/ in diesen Zusammensetzungen ist eine Reminiszenz an frühere Sprachstufen. Das Adverb wo lautete im Althochdeutschen noch wār. Im Mittelhochdeutschen ist neben wār wā und (mit Verdumpfung /ā/ > /ō/) wō belegt. Vor vokalischem Auslaut blieb das /r/ jedoch erhalten. Im Adverb warum blieb sogar die althochdeutsche Form bis heute bewahrt. Wir haben daher die Dublette worum und warum mit unterschiedlicher Bedeutung. In anderen westgermanischen Sprachen ist das auslautende /r/ im Simplex wo übrigens bis heute intakt geblieben, vgl. englisch where, niederländisch waar. Man vergleiche auch die parallele Entwicklung von althochdeutsch dār > neuhochdeutsch da, dagege

Mondseer Fragmente und der bestimmte bzw. der unbestimmte Artikel im frühen Mittelalter

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Der bestimmte und der unbestimmte Artikel im frühen Mittelalter  Die Anfänge des bestimmten Artikels gehen auf das früheste Althochdeutsch zurück. Die Demonstrativpronomina dër m., diu f., daz n. (Singular) und dea, dia, die m., dio f., diu n. (Plural) entwickelten sich allmählich zum späteren Artikel, wie er im Neuhochdeutschen verwendet wird. Im Althochdeutschen ist der bestimmte Artikel aber noch nicht obligatorisch, und wenn er gebraucht wird, schwingt die deiktische (hinweisende) Funktion des Demonstrativpronomens vielfach noch mit. Die Entwicklung wird etwa aus folgender Übersetzung aus dem Latein ersichtlich: (in illo die) exiens (Jesus) de domo sedebat secus mare. Zu deutsch wörtlich "aus dem Haus gehend sass er neben dem Meer". In den "Mondseer Fragmenten" ( um 800 A.D.) ist dies folgendermassen übersetzt: Genc Jesus ūz fona hūs saz bī sēwe. Hier steht kein Artikel. Ca. dreissig Jahre später (um 830) liest sich dieselbe Passage im althochdeutschen Tatian wi

"Mondseer Matthäus" gibt einen Blick auf die Geburt der deutschen Sprache

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                        WOHER KOMMT EIGENTLICH UNSERE SPRACHE? Wenn wir von "unserer Sprache" sprechen, meinen wir das Deutsche, genauer gesagt das Standarddeutsch. Die Ursprünge dieser Sprache lassen sich bis etwa zum Jahr 750 zurückverfolgen. Auf diesem Weg begegnen wir den Etappen des Frühneuhochdeutschen, Mittelhochdeutschen und Althochdeutschen. Leider reichen unsere schriftlichen Quellen nicht weiter zurück. Dennoch gibt es im Gotischen, das durch eine unvollständige Bibelübersetzung vertreten ist, und im Urnordischen, das durch Runen und rudimentäre Kleintexte dokumentiert ist, Hinweise auf germanische Schwesterdialekte des Deutschen, die etwa 400 Jahre weiter in die Vergangenheit reichen. Da wir wissen, dass das Germanische eine indogermanische (indoeuropäische) Sprache ist, können wir durch den Vergleich mit anderen Sprachen wie Latein, Altgriechisch, Litauisch, Altindisch und Alt­kirchenslawisch das Urgermanische (Proto-Germanische) mit gewissem Erfolg, wenn auch nu